Korea Kulturhaus Österreich eröffnet Ehemaliges Seerestaurant im Donaupark

Seerestaurant

„Das kultige Sixties-Denkmal der Wiener Internationalen Gartenschau 1964 wurde umfangreich restauriert und instandgesetzt und ist nun wieder geöffnet.“

Das ehemalige Seerestaurant im Wiener Donaupark war im Jahr 2004, genau vierzig Jahre nach seiner Eröffnung, eigentlich schon für den Abbruch vorgesehen. Nach einer Überprüfung durch das Bundesdenkmalamt konnten jedoch die Weichen für die Erhaltung dieses einzigartigen Bauwerks gestellt werden. Der Pavillon am Irissee fand nun eine passende, zukünftige Nutzung als Korea Kulturhaus Österreich und wurde, nach umfangreichen Instandsetzungsarbeiten, am 3. Mai 2012 mit einem großen Eröffnungsfest im Beisein des österreichischen Bundespräsidenten Dr. Heinz Fischer feierlich eröffnet.

Das Korea Kulturhaus soll als Kommunikationszentrum durch Kulturabende, Konzerte, Seminare und Foren über aktuelle Themen dem interkulturellen Austausch dienen und durch Deutsch- und Koreanischkurse gegenseitiges Verständnis fördern. Dieses spannende Angebot gilt nicht nur den etwa 2.500 Menschen koreanischer Herkunft in Österreich, sondern soll vor allem den zukünftigen Generationen von KoreanerInnen und ÖsterreicherInnen als Plattform des Austauschs in Kunst, Kultur und Politik dienen.

Das 120-jährige Jubiläum der diplomatischen Beziehungen zwischen Korea und Österreich, das Anfang 2012 gefeiert wurde, beweist, dass es diese Zusammenarbeit schon länger gibt und dass es eine weit reichere und tiefere Geschichte persönlicher Kontakte zwischen KoreanerInnen und ÖsterreicherInnen gibt, als man meinen möchte. Die erste „First Lady“ (1948-1960) der Republik Korea war die im zirka zehn Kilometer vom Korea Kulturhaus entfernten Wiener Inzersdorf geborene Österreicherin Franziska Donner (1900-1992). Ihr zu Ehren wurde 2012 der Franziska-Donner-Rhee-Weg im Donaupark benannt.

„Das Gebäude des Korea Kulturhauses ist Ausdruck und Höhepunkt der Beziehungen zwischen Korea und Österreich“, betonte Prof. Dr. Heinrich Neisser, 2. Nationalratspräsident a. D., Obmann des Vereins zur Unterstützung der Österreichisch-Koreanischen Philharmonie und Ehrenpräsident der Österreichisch-Koreanischen Gesellschaft, bei der Eröffnung. „Es soll ein lebendiges Zentrum koreanischen Lebens und der Kultur sein, die wir so schätzen.“ So studieren beispielsweise zahlreiche junge KoreanerInnen in Salzburg und Wien Musik.

Das Korea Kulturhaus – Das Gebäude

Das im Rahmen der Wiener Internationalen Gartenschau („WIG 64“) im Jahre 1964 errichtete Seerestaurant ist eines der wenigen erhaltenen Beispiele einer Freizeitarchitektur der Nachkriegsmoderne in Wien, vergleichbar mit den mittlerweile ebenfalls kultigen, von Oswald Haerdtl geplanten Pavillons (1951) im Wiener Volksgarten. Kurt Schlauss (1924-2005), der Architekt des Pavillons am Irissee, ist als Planer unter anderem für das Wiener Matzleinsdorfer Hochhaus (1957) und Wiens erste U-Bahn-Station Karlsplatz (1969-1978) bekannt.

Der als liegender Quader mit Pfeilern in zwei Geschossen konzipierte Flachbau entspricht in Entwurf und Detaillierung mit seinen minimalistisch reduzierten Formen und weitläufigen Fensterflächen den Prinzipien der internationalen Nachkriegsmoderne – schließlich war es anlässlich der „WIG 64“ ein Anliegen Wiens, sich als fortschrittliche, weltoffene und moderne Weltstadt zu positionieren. Besonders qualitätvoll ist die Einbindung des Pavillons in die Umgebung. Als Standort wurde das Ufer des künstlich angelegten Irissees gewählt.

Den Entwurf des Architekten Kurt Schlauss prägt besonders die bemerkenswerte 24 Meter lange, großflächig verglaste Seefassade. Erst hier an der Seefassade ist auch das untere Geschoß zu sehen. Die Reflexionen von Himmel und Wasseroberfläche, besonders auf den oberen, schräg gestellten Fenstern, sind wesentliche Gestaltungselemente für diese Hauptfassade. Im oberen „Seerestaurant“ lassen sich die geneigten, nach innen „geknickten“ Fensterelemente nach oben heben und im unteren „Schiffsrestaurant“ kann man die Fenster mittels Gelenken und Führungsschienen horizontal verschieben. Die Fenster sind in beiden Bereichen weit zu öffnen.

Die Raumwirkung im Inneren wird hier durch den Blick auf den Irissee, die Regenbogenbrücke und den Donauturm bestimmt. Das Bodenniveau des Untergeschoßes befindet sich etwas unter dem Wasserspiegel, wodurch das nunmehrige Korea Kulturhaus wie ein Boot vor Anker im See zu liegen scheint. Im „WIG 64“-Restaurant und auf der Terrasse mit Blick auf das Rosarium mit zehntausenden Rosen konnten etwa 650 Personen bewirtet werden.

Nach der Internationalen Gartenschau wurde das Gebäude weiterhin als Restaurant, als „Baracuda-Dancing“-Lokal und später auch als Fitness-Studio genutzt, bevor es mehrere Jahre leer stand. 2006 erwachte der Pavillon aus dem Dornröschenschlaf und beherrbergte für einen Sommer lang zahlreiche Musikevents. Mit Blick auf den See tanzten zahlreiche Musikfreunde mit weltbekannten DJs an den Plattentellern zu verschiedenen Musikrichtungen. Außerdem bot das ehemalige Seerestaurant die Kulisse für das Musikvideo zum Song „Um bei Dir zu sein“ (2006) der österreichischen Musikerin Christina Stürmer. Ein 2008 geplanter Umbau des Pavillons für Bürozwecke wurde wieder abgeblasen.

Vom Seerestaurant zum Korea Kulturhaus

Im Jahr 2010 entdeckte der Verein zur Förderung eines koreanischen Kulturhauses in Wien den einzigartigen Charme des ehemaligen Seerestaurants für die im Ausland lebenden KoreanerInnen. Wie Bundespräsident Dr. Heinz Fischer bei der Eröffnung erzählte, kam der Anstoß zur Errichtung dieses Kulturzentrums sogar von UN-Generalsekretär Ban Ki-moon selbst, der später anlässlich seines Österreich-Besuches im Februar 2012 das noch im Werden befindliche Korea Kulturhaus besuchte. Mit Hilfe zahlreicher Spenden der KoreanerInnen und besonders durch die Unterstützung von Herrn Jong-Bum Park (Präsident des Vereins der Koreaner in Österreich), Frau Mija F. Chon (Obfrau Korea Kulturhaus) und Frau So Bang Yoo (Generalsekretärin Korea Kulturhaus) konnte ein gebautes Zentrum gelebter Integration und des Kulturaustausches zwischen Europa und Korea verwirklicht werden.

Der charmante 1960er-Jahre Pavillon am Irissee im Donaupark ist mit seinem soziokulturellen Hintergrund ein Relikt einer Epoche, in der Utopien und der Aufbruch in eine bessere Welt zu den Träumen eines neuen Zeitalters gehörten. Der Seltenheitswert dieses Bautyps in Österreich, die einzigartigen Fensterkonstruktionen, der Zusammenhang mit der „WIG 64“ und die gelungene Kombination der modernen Architektursprache von damals und heute zeichnen das Korea Kulturhaus aus.

Die Restaurierung des Korea Kulturhauses

Eine besondere Herausforderung war die restauratorische und bautechnische Instandsetzung des Korea Kulturhauses. Durch die umfangreichen Voruntersuchungen und die Erstellung maßstabsgetreuer, photogrammetrisch entzerrter Bildpläne durch das Bundesdenkmalamt konnte die hochwertige Restaurierung des Gebäudes sichergestellt werden. Die Bauweise und der Mechanismus der besonderen Fenster wurden 2007 im Detail zeichnerisch vom Bundesdenkmalamt aufgenommen und die Fassaden vollständig dokumentiert. Vom Institut für Konservierung und Restaurierung der Universität für Angewandte Kunst Wien, das bereits bei der berühmten, von Ludwig Mies van der Rohe 1930 errichteten Villa Tugendhat in Brünn (Tschechien) Untersuchungen durchführte, wurde 2008/2009 eine Bestandsdokumentation mit umfangreichen Fassungsanalysen erstellt. Weitere Materialuntersuchungen durch RestauratorInnen ergänzten die Befunde. Spätere nachteilige Veränderungen konnten so auf seriöser Grundlage wieder rückgeführt werden.
Die thermischen Eigenschaften des ehemalige Seerestaurants, ursprünglich in erster Linie für eine Nutzung im Sommer konzipiert, konnten wesentlich, unter anderem durch den Einbau neuer haustechnischer Anlagen und einer Wärmepumpe, verbessert werden.
Das Korea Kulturhaus beweist anschaulich, wie auch die kürzlich eröffneten Beispiele des 21er-Hauses (1962) und des Hotel Daniel (ehemaliges Hoffmann-La Roche-Gebäude, 1962) in Wien, dass hochwertige, zeitgenössische Architektur und historische Bauten, in diesem Falle der Sixties, eine gelungenen Symbiose eingehen können.

Mit der Planung des koreanischen Architekten Seung H-Sang (IROJE architects & planners) und seines Partners Michael Wagner aus Wien gelang es, ein Bestandsgebäude der architektonischen Moderne für eine zukünftige Nutzung zu adaptieren. Das ehemalige Seerestaurant sollte auch nach seiner architektonisch geglückten Umnutzung das Bild der malerischen Einbettung des Gebäudes in die Gartenlandschaft des Donauparks bewahren. Als Korea Kulturhaus wurde es mit traditionell-koreanischen, freistehenden Außenwänden, sogenannten Dams, behutsam erweitert. Die entstehenden, offenen Zwischenräume schaffen ein koreanisch inspiriertes Raumgefühl. Vom Architekten Seung H-Sang als Zeitschichten interpretiert, erweitern sie den bestehenden Raum um eine historische Dimension, die das Korea Kulturhaus zu einer gebauten Dokumentation der Erinnerung an die gemeinsame Geschichte werden lässt.

Durch die neue Nutzung und die umfangreichen Instandsetzungsarbeiten konnte ein architektonisches Highlight des Donauparks wieder zum Leben erweckt werden. Auge in Auge mit den Schwänen des Irissees zwischen Silberpappeln und Froschlöffeln kann man in Zukunft im Korea Kulturhaus mit einem wunderbaren Ausblick auf die Gartenlandschaft des Donauparks Kulturabende und Konzerte besuchen, den Angeboten des Sprachunterrichts folgen oder einfach nur eine gute Tasse Tee genießen.

2017-10-01T21:33:05+00:00